1. Was ist Kinderpornographie gemäß § 184b StGB?
Wichtig ist zu verstehen, wann das Strafgesetz von einem „Kind“ spricht und was in diesem Zusammenhang „Pornographie“ bedeutet.
a) Bis wann ist man „Kind“ im Strafrecht?
Gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 1a StGB sind alle Personen „Kinder“, die unter 14 Jahre alt sind.
Achtung: Bei Personen, die zwar älter als 14 Jahre, aber jünger als 18 Jahre sind, kann strafbare Jugendpornographie vorliegen (§ 184c StGB).
b) Der Begriff „Kinderpornographie“
Der Begriff Kinderpornographie wird im Gesetz in § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB definiert.
Damit ein Inhalt darunterfällt, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
- Der Inhalt muss pornografisch sein und
- er muss einen Themenbereich umfassen, der in Buchstaben a bis c der Vorschrift beschrieben wird, z. B. die Darstellung des Geschlechtsverkehrs mit einem Kind.
Wichtig: Diese beiden Punkte müssen inhaltlich zusammenhängen. Fehlt diese Verbindung, fällt der Inhalt nicht unter die Strafvorschrift Kinderpornographie (§ 184b StGB), sondern eventuell nur unter § 184 StGB.
c) Wie wird der Inhalt bewertet?
Bei der Beurteilung, ob Kinderpornographie vorliegt, wird immer die Gesamtdarstellung (etwa: Altershinweise, Dateiname und Bildinhalt) betrachtet. Entscheidend ist also der Eindruck, den der Inhalt insgesamt vermittelt – nicht, welche Absichten die Person hatte, die ihn erstellt oder verbreitet hat.
Achtung: Auch „Scheinkinder“ gelten als Kinder
Ist die dargestellte Person zwar tatsächlich älter als 14 Jahre, kann dennoch strafbare Kinderpornographie vorliegen. Denn wirkt diese Person auf einen objektiven Betrachter noch wie ein Kind, dann gilt diese Person strafrechtlich auch als Kind.
Das tatsächliche Alter spielt dann keine Rolle, selbst wenn es feststellbar wäre. Solche Personen werden als „Scheinkinder“ bezeichnet.
d) Was gilt als „sexuelle Handlung“ gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 1a StGB?
Der erste Themenbereich umfasst in § 184b Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a StGB sexuelle Handlungen von, an oder vor einem Kind.
Die Definition von „sexuellen Handlungen“ im Gesetz (§ 184h Nr. 1 StGB) ist nicht ganz einfach, aber entscheidend:
- Es muss sich hierbei um Handlungen von gewisser Erheblichkeit handeln. D.h., belanglose oder alltägliche Berührungen zählen nicht dazu.
- Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2008 reicht jedoch jede sexuelle Handlung im Zusammenhang mit einem Kind aus, um strafbare Kinderpornographie zu besitzen oder zu verbreiten.
Es muss dabei nicht zwingend ein sexueller Missbrauch nach den §§ 176 ff. StGB vorliegen, auch wenn solche Fälle weiterhin im Mittelpunkt des Verbots der Kinderpornographie stehen.
e) Was gilt als „Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung“ gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 1b StGB?
Ist dem Bild oder Video keine „sexuelle Handlung“ (Buchstabe a) zu entnehmen, kann eine Strafbarkeit nach § 184b Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b StGB in Betracht kommen.
Hier wird die „Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung“ erfasst.
Dies ist etwa bei den sog. „Posing“-Bildern der Fall. Hierunter fallen Bilder, die etwa
- ein nacktes Kind in einer sexuell aufreizenden Pose zeigen oder
- ein nacktes Kind überraschend in einer geschlechtsbetonten Haltung fotografieren – auch wenn das Kind nicht bewusst posiert.
Was bedeutet „aufreizend geschlechtsbetont“?
Der Begriff „aufreizend geschlechtsbetont“ entspricht dem Begriff „sexuell aufreizend“ in Buchstabe c der Strafvorschrift des § 184b StGB.
Eine sexuell aufreizende Wiedergabe liegt vor, wenn die genannten Körperteile aus Sicht eines durchschnittlichen Betrachters in sexuell motivierter Weise im Fokus stehen.
Das Gesetz verlangt zudem, dass das Kind in solchen Fällen ganz oder teilweise unbekleidet sein muss.
Was fällt darunter?
- So etwa, wenn auf einem Bild die Genitalien offen zur Schau gestellt bzw. die Beine eines abgebildeten Mädchens gespreizt sind. Ebenso, wenn der nackte Brustbereich eines Mädchens im Fokus der Aufnahme steht.
Was fällt nicht darunter?
Aber nicht jede Abbildung eines nackten Kindes ist automatisch strafbar. Fehlt der sexuelle Bezug, liegt keine strafbare Kinderpornographie vor.
So etwa
- ein Foto eines in natürlicher Körperhaltung badenden Kindes oder
- ein Video eines nackten Kindes, das in natürlicher Pose auf dem Bett liegt; ebenso entsprechende Bilder beim Umziehen oder im Urlaub am Strand.
Keine strafbare Kinderpornographie ist es, wenn das Kind vollständig bekleidet abgebildet ist; unabhängig von der eingenommenen Pose des Kindes.
f) Was gilt als „sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes“ gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 1c StGB?
Mit der Gesetzesänderung am 27. Januar 2015 wurden die Definitionen von Kinderpornographie erweitert. Besonders betroffen waren hiervon Nahaufnahmen von kindlichen Genitalien und Gesäßen.
Eine solche Widergabe unterfällt nunmehr dem Straftatbestand von Kinderpornographie gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 1c StGB.
Solche Nahaufnahmen von Genitalien oder Gesäßen von Kindern müssen allerdings in sexuell aufreizende Darstellung erfolgt sein.
Dies ist dann der Fall, wenn für einen durchschnittlichen Betrachter eine sexuelle Motivation erkennbar ist.
Das bedeutet:
- Fokussierung auf bestimmte Körperteile: Der Bildinhalt muss deutlich eine sexuelle Betonung auf die unbekleideten Genitalien oder das Gesäß legen.
- Ausschluss anderer Intention: Bilder mit klar anderer Absicht – z. B. Urlaubsfotos, medizinische Aufnahmen oder künstlerische Darstellungen – fallen nicht unter strafbare Kinderpornographie.
Um dies beurteilen zu können, wird auf Folgende Kriterien abgestellt:
- Bildkomposition: Wie ist das Foto aufgebaut?
- Kameraperspektive: Zeigt die Perspektive eine bewusste Betonung der Körperteile?
- Bildausschnitt: Wird gezielt auf die Genitalien oder das Gesäß fokussiert?
- Haltung des Kindes: In welcher Position wurde das Kind dargestellt?
g) Fällt auch fiktive Kinderpornographie unter den Straftatbestand des § 184b StGB?
Viele wissen nicht, dass auch fiktive Darstellung von Kinderpornographie unter den Straftatbestand der Kinderpornographie fällt und strafbar ist! Es reduziert sich dann aber die Strafe.
So heißt es in § 184b Abs. 1 Satz 2 StGB:
Gibt der kinderpornographische Inhalt in den Fällen von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 4 kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.
Was bedeutet „tatsächliches Geschehen“?
Ein „tatsächliches Geschehen“ liegt vor, wenn eine sexuelle Handlung, wie in einem Foto oder Video dargestellt, in der Realität stattgefunden hat. Auch Live-Übertragungen von tatsächlichen Geschehnissen fallen hierunter.
Somit unterfällt nur Realpornographie und nicht Fiktivpornographie diesem Erfordernis.
- Animes, Comics, Zeichentrickfilme, pornografischen Zeichnungen, Romane oder Gedichte geben damit kein „tatsächliches Geschehen“ dar.
Was bedeutet „wirklichkeitsnah“?
Eine Darstellung gilt als wirklichkeitsnah, wenn ein durchschnittlicher Betrachter sie bereits anhand des äußeren Erscheinungsbildes für eine echte Abbildung eines Kindes halten könnte.
- Zeichnungen, Comics oder Zeichentrickfilme gelten dagegen als erkennbar künstlich. Solche Inhalte fallen nicht unter die wirklichkeitsnahen Darstellungen und werden deshalb nur in bestimmten Fällen (§ 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB) strafrechtlich geahndet.
Auch bei fiktiven Darstellungen spielt die Einschätzung eines verständigen Beobachters eine Rolle. Entscheidend ist, ob das gezeigte Kind als minderjährig wahrgenommen wird, unabhängig davon, ob es tatsächlich existiert.